BGH bejaht Rückforderung eines Jobcenters wegen Mietzahlung nach Vertragsende

Von Klaus J. StanekAllgemeines0 Kommentare

Klaus J. Stanek

Der BGH hat sich mit der Frage beschäftigt, ob einem Jobcenter, das im Rahmen von Sozialleistungen Mietzahlungen versehentlich nach der Beendigung eines Mietverhältnisses direkt an den ehemaligen Vermieter überweist, ein Rückforderungsanspruch unmittelbar gegen den Vermieter zusteht oder ob  dieser Anspruch gegen den Mieter als Empfänger der Sozialleistung direkt zu richten ist. In dem heutigen Urteil des Bundesgerichtshof (BGH) bejaht dieser den unmittelbaren Rückforderungsanspruch eines Jobcenters gegen einen Vermieter wegen Mietzahlung nach Vertragsende.

Die Vermieter eines Einfamilienhauses, deren Mieter Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung gem. SGB II („HartzIV“) vom Jobcenter bezogen, hatten die direkte Überweisung der Mietzahlungen  an den Vermieter beantragt. Das Mietverhältnis endete zum 31. Juli 2014. Bereits am 24. Juli hatten die Mieter beim Jobcenter einen Mietvertrag über eine neue Wohnung eingereicht. Dennoch überwies dieses am nächsten Tag versehentlich noch die Miete für August 2014 an die alten Vermieter. Der Aufforderung, den Betrag an sie zurückzuzahlen, kamen die Vermieter unter Hinweis auf eine offene Gegenforderung nicht nach und erklärten Aufrechnung.

 

Die erstinstanzliche Klage hat das Amtsgericht abgewiesen. Trotz der Direktüberweisung der Miete vom Kläger an die Beklagten habe die Rückabwicklung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB innerhalb der bestehenden Leistungsbeziehungen, mithin einerseits zwischen den früheren Mietvertragsparteien und andererseits zwischen Mieter und Jobcenter, zu erfolgen. Auf die Berufung des Jobcenters hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit ihrer vom Landgericht zugelassenen Revision wollten die Beklagten die Abweisung der Klage erreichen.

Die Entscheidung des BGH:

Der VIII. Zivilsenat des BGH hat die Revision zurückgewiesen und entschieden, dass ein Jobcenter, das im Rahmen von Sozialleistungen Mietzahlungen gemäß § 22 Abs. 7 SGB II unmittelbar an einen Vermieter überweist, im Fall versehentlich über das Ende des Mietverhältnisses hinaus gezahlter Mieten einen unmittelbaren Rückforderungsanspruch unmittelbar gegenüber dem Vermieter besitzt, wenn letzterer bereits bei Erhalt der Zahlung wusste, dass ihm dieser Betrag wegen der Beendigung des Mietvertrags nicht zusteht.

Zwar haben die Beklagten bei objektiver Betrachtung die hier streitgegenständliche Zahlung von 860 € nicht durch eine Leistung des klagenden Jobcenters, sondern vielmehr durch eine Leistung ihrer ehemaligen Mieter enthalten, denen gegenüber der Kläger wiederum in seiner Eigenschaft als Sozialleistungsträger im Rahmen des bestehenden Bedarfs für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II Sozialleistungen zu erbringen hatte. Insoweit hatten die Mieter mit ihrem Antrag nach § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II dem Kläger lediglich die Anweisung erteilt, die ihnen zustehenden Unterstützungsleistungen direkt an die Beklagten zu zahlen.

Dennoch erfolgt die Rückabwicklung des für August 2014 zu Unrecht gezahlten Mietzinses vorliegend ausnahmsweise nicht im Rahmen der insoweit bestehenden Leistungsbeziehungen gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB (also zwischen den beklagten Vermietern und den Mietern einerseits und den Mietern und dem klagendem Jobcenter andererseits), sondern steht dem Kläger ein direkter Rückzahlungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB (Nichtleistungskondiktion) gegen die Beklagten zu. Denn die Mieter hatten ihren Antrag nach § 22 Abs. 7 Satz SGB II bereits vor Ausführung der streitgegenständlichen Zahlung gegenüber dem Kläger (konkludent durch Vorlage des neuen Mietvertrags) widerrufen. Vor allem aber wussten die Beklagten nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts aufgrund der Beendigung des Mietverhältnisses bereits bei Erhalt des Geldes, dass ihnen der für den Monat August 2014 überwiesene Betrag nicht zustand und es damit an einer Leistung der Mieter als ihrem ehemaligen Vertragspartner fehlte. Diesen Betrag haben die Beklagten vielmehr in sonstiger Weise auf Kosten des Klägers ohne rechtlichen Grund erlangt (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB).

Urteil vom 31. Januar 2018 – VIII ZR 39/17

Quelle: Bundesgerichtshof