Kommunen verweigern sich anerkannten Flüchtlingen aus Notunterkunft

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RA Daniel Nierenz, Fachanwalt für Strafrecht

RA Daniel Nierenz, Fachanwalt für Strafrecht, ist auch im Bereich Asyl- und Ausländerrecht tätig

Nachdem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nunmehr vielen Flüchtlingen aus Syrien und anderen Ländern den Flüchtlingsstatus zuerkannt hat, erteilte das BAMF den anerkannten Flüchtlingen auch rechtliche Hinweise, dass diese nunmehr selbst eine Wohnung suchen, ALGII beantragen und einer Erwerbstätigkeit nachgehen bzw. eine Berufsausbildung beginnen können.

Die anfängliche Euphorie war groß. Eine siebenköpfige Familie aus Syrien – bestehend aus Vater, Mutter und fünf kleinen Kindern im Altern von einem bis acht Jahren – hatte es bis Siegen geschafft, wurde anerkannt und lebt in einer Notunterkunft. Der Familienvater, beruflich gut qualifiziert, hat gute Chancen am Arbeitsmarkt und machte sich auf die Suche nach einer Wohnung, ein recht schwieriges Unterfangen bei einer solchen Kinderzahl: Hierfür muss der (anerkannte) Flüchtling beim Einwohnermeldeamt angemeldet sein, einen eAT (elektronischen Aufenthaltstitel) durch das Ausländeramt besitzen und sich eine Arbeitserlaubnis besorgen. Und ohne Anmeldung bekommt er weder einen eAT noch eine Arbeitserlaubnis.

Der Versuch, sich anzumelden, scheiterte mit der Begründung, Flüchtlinge – auch anerkannte –, die sich in einer so genannten Notunterkunft befänden, dürften nicht angemeldet werden, weil „man sie ja dann an der Backe“ habe. Angeblich wären die mit dem Anerkennungsbescheid als Flüchtling durch das BAMF mitgeschickten Rechtshinweise falsch. Eine Prüfung durch uns ergab jedoch deren Richtigkeit.

Bleibt weiter die Übernachtung in der Turnhalle. Privatsphäre nicht vorhanden. Zukunft gescheitert. Die Notunterkunft soll in den nächsten Tagen geschlossen werden. Und dann? „Dann kommen vielleicht Busse, die die Flüchtlinge abholen und woanders hinbringen“, so die Auskunft aus dem Siegener Rathaus. Geldsparen auf dem Rücken der Flüchtlinge? Eine Anfrage bei einer anderen Kommune aus dem Kreisgebiet ergab, dass man dort genau die gleiche Anweisung erhalten habe.

Aus unserer Sicht stellt dies einen Verstoß nicht nur gegen die geltenden Gesetze, sondern auch gegen die verbrieften Menschrechte dar. Wir werden mit unseren Mandanten notfalls vors Verwaltungsgericht ziehen müssen, aber scheinbar rechnet sich diese Verschwendung von Steuergeldern. Mal sehen, was der Landesrechnungshof dann dazu sagt.

Quo vadis, Germania?