Fahrtenbuchpflicht nach Verkehrsverstößen: Wann ist sie zulässig?

Von Klaus J. StanekAllgemeines, Interessantes, Lesenswertes, Polizei, Rechtsanwalt Netphen, Rechtsanwalt Siegen, Straßenverkehr, Verwaltungsrecht0 Kommentare
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Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat mit Urteil vom 4. Juni 2025 (Az. 14 K 6335/24) entschieden, dass ein Fahrzeughalter verpflichtet werden kann, ein Fahrtenbuch zu führen, wenn er bei der Aufklärung erheblicher Verkehrsverstöße nicht ausreichend mitwirkt. Das Urteil konkretisiert die Voraussetzungen für eine Fahrtenbuchauflage und betont die Mitwirkungsobliegenheit des Halters im Bußgeldverfahren.

Hintergrund des Falls

Ein außerhalb zugelassenen Fahrzeug wurde an zwei aufeinanderfolgenden Tagen in Düsseldorf bei erheblichen Verkehrsverstößen geblitzt:


• Im ersten Fall fuhr der Fahrer 9 km/h zu schnell und telefonierte währenddessen mit dem Handy.
• Im zweiten Fall überschritt er die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 21 km/h.

Beide Verstöße wären mit jeweils einem Punkt im Fahreignungsregister verbunden gewesen. Der Halter des Fahrzeugs reagierte zunächst nicht auf die Anhörungsschreiben der Bußgeldstelle. Später legte er zwar Einspruch ein und verwies auf eine E-Mail, in der er angegeben habe, nicht selbst gefahren zu sein. Diese E-Mail war jedoch bereits vor dem ersten Verstoß eingegangen und bezog sich offensichtlich auf ein anderes Verfahren.
Da keine weiteren Angaben zur Fahrereigenschaft gemacht wurden und auch auf Nachfragen keine Reaktion erfolgte, stellte die Behörde die Bußgeldverfahren ein. Anschließend ordnete die zuständige Stadt Bottrop an, dass der Halter für 18 Monate ein Fahrtenbuch führen muss.
Entscheidung des Verwaltungsgerichts
Das Verwaltungsgericht bestätigte die Entscheidung der Behörde. Eine Fahrtenbuchauflage sei zulässig, wenn:

• ein erheblicher Verkehrsverstoß vorliegt (mindestens ein Punkt im Fahreignungsregister),
• der Fahrer nicht ermittelt werden kann,
• und der Fahrzeughalter nicht die erforderliche Mitwirkung bei der Fahrerfeststellung leistet.

Nach Auffassung des Gerichts hatte der Kläger seine Mitwirkungspflicht verletzt. Die Behörde sei in solchen Fällen nicht verpflichtet, ohne konkreten Anhaltspunkt weiter zu ermitteln, etwa im Umfeld des Halters oder bei dessen Nachbarn. Auch sei es nicht plausibel, dass ein Fahrzeughalter sich vor einem Verkehrsverstoß per E-Mail vom Tatvorwurf distanziert.

Die Fahrtenbuchauflage diene dem Schutz der Allgemeinheit und solle künftige Verstöße schneller aufklären helfen. Ihre Dauer bemesse sich nach Schwere und Häufigkeit der Verstöße – im vorliegenden Fall also 18 Monate.

Die Behörde darf die Ermittlungsintensität an der Mitwirkungsbereitschaft des Halters ausrichten. Dieser ist – selbst bei bestehendem Zeugnisverweigerungsrecht – verpflichtet, die Aufklärung des Verstoßes zu unterstützen, soweit ihm dies zumutbar ist. Dazu gehört insbesondere:

• Die Nennung des Fahrers (sofern bekannt),
• oder zumindest die Eingrenzung des möglichen Täterkreises.

Erfolgt keine erkennbare Mitwirkung und sind auch sonst keine konkreten Ermittlungsansätze vorhanden, darf die Behörde das Bußgeldverfahren einstellen und stattdessen eine Fahrtenbuchauflage erlassen.
Das Urteil verdeutlicht, dass Fahrzeughalter im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht eine entscheidende Rolle bei der Aufklärung von Verkehrsverstößen spielen. Erfolgt keine Unterstützung der Ermittlungsbehörden, kann dies erhebliche Folgen haben – bis hin zur Verpflichtung, über längere Zeit ein Fahrtenbuch zu führen. Das Urteil ist derzeit noch nicht rechtskräftig; der Kläger kann die Zulassung der Berufung beim OVG Nordrhein-Westfalen beantragen.

Quelle: Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Pressemitteilung vom 10.07.2025

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