Das große Missverständnis – Cannabis wird legal

Von Klaus J. StanekCannabis, Lesenswertes, Polizei, Rechtsanwalt Netphen, Rechtsanwalt Siegen, Strafrecht, Straßenverkehr0 Kommentare

„Legalize it“ ist seit Jahrzehnten eine Forderung immer breiterer Schichten der Bevölkerung. Die Ampel-Koalition aus SPD, FDP und Bündnis90/ Die Grünen hat in ihrem Koalitionsvertrag 2021 vereinbart, die Legalisierung von Cannabis auf den Weg zu bringen und heute wurde – nachdem der Bundestag schon dafür gestimmt hat – das Gesetz von Bundesrat, der Ländervertretung, so beschlossen.

Dennoch ist es nach wie vor ein großer Unterschied, ob ich Cannabis erwerbe oder Schokolade.

  • Zwar wird Cannabis von der Liste der verbotenen Substanzen im Betäubungsmittelgesetz gestrichen.
  • Volljährige ab 18 Jahren dürfen künftig bis zu 25 Gramm Cannabis in der Öffentlichkeit bei sich haben.
  • In den eigenen geschlossenen Wänden ist der Besitz von bis zu 50 Gramm sowie bis zu drei weiblichen blühenden Pflanzen pro erwachsener Person erlaubt.
  • Überschreitungen von 5 Gramm (unterwegs) bzw. 10 Gramm (zu Hause) werden als Ordnungswidrigkeit geahndet.
  • Auf den Besitz größerer Mengen steht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.
  • Erwachsene dürfen Cannabissamen für den privaten Eigenanbau aus EU-Mitgliedsstaaten einführen oder online bestellen.

 Auch der Erwerb ist gesetzlich reglementiert

  • Neben dem privaten Anbau ist die Abgabe vorerst nur über nicht gewinnorientierte Anbauvereinigungen oder Cannabis-Clubs möglich.
  • Die Clubs dürfen maximal 50 Gramm Cannabis im Monat pro Mitglied ausschließlich zum Eigenkonsum abgeben.
  • Mitglied in einem solchen Club dürfen nur Volljährige sein. Die Mitgliederzahl darf 500 Personen nicht überschreiten. Der Wohnort muss in Deutschland sein.
  • Heranwachsende Mitglieder – also Personen zwischen 18 und 21 Jahren – bekommen monatlich maximal 30 Gramm der Droge.
  • Der THC-Gehalt des Cannabis darf 10 % nicht überschreiten.
  • Die Cannabis-Clubs sind gesetzlich verpflichtet, Jugendschutz-, Sucht- und Präventionsbeauftragte zu benennen und dürfen außerdem keine Werbung machen.
  • Ihr Standort muss mindestens 100 Metern zu Schulen und anderen Kinder- und Jugendeinrichtungen sowie zu Spielplätzen entfernt sein.
  • Eine Mitgliedschaft in mehreren Clubs ist verboten. Auch wird es keine Coffeeshops geben, weil der Konsum in den Clubs strikt verboten ist.

Das Dealen mit Cannabis (Haschisch oder Marihuana) bleibt strafbar, auch für Minderjährige. Zum Schutz Minderjähriger werden einige Strafen sogar verschärft. So wird etwa die Abgabe von Cannabis an Minderjährige mit mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe statt bisher einem Jahr geahndet. Es ist zu erwarten, dass die Justiz dies auch konsequent verfolgt.

Der Schutz von Minderjährigen ist nur eingeschränkt. Erwerb, Besitz und Anbau von Cannabis bleiben für Minderjährige verboten, werden aber nicht mehr strafrechtlich verfolgt. Die Weitergabe von Cannabis an Minderjährige bleibt dennoch strafbar. Werden Jugendliche mit Cannabis erwischt, muss die Polizei die Eltern informieren und in schwierigen Fällen die Jugendämter einschalten. Minderjährigen Cannabis-Konsumenten soll die Teilnahme an Interventions- und Präventionsprogrammen angeboten werden. Das Gesundheitsministerium hat eine Aufklärungskampagne für diese Zielgruppe gestartet.

Auch darf nunmehr öffentlich gekifft werden, allerdings ist der Konsum um Schulen, Kitas, Spielplätze und öffentliche Sportstätten in einem Radius von 100 Metern verboten. Die Ordnungsämter werden bemüht sein, entsprechende bußgeldpflichtige Kontrollen durchzuführen. In Fußgängerzonen darf laut Gesetz zwischen 7 und 20 Uhr nicht gekifft werden. Ich warte schon darauf, wie der Geruch von Cannabis im Sommer durch die Biergärten und das Public Viewing während der EM ziehen wird.

Straßenverkehr und Cannabis

Wir bekommen immer wieder Anfrage von Mandanten, ob mit der Legalisierung von Cannabis auch Auto gefahren werden darf. Es ist jedem Menschen klar, dass Alkoholerwerb und Konsum durch Erwachsene erlaubt ist. Keiner sagt aber, dass es ihm nicht bekannt wäre, dass er nicht betrunken ein Kraftfahrzeug führen darf. Aus diesem Grunde haben uns diese Anfragen schon irritiert. Selbstverständlich verträgt sich eine Teilnahme am Straßenverkehr nach dem Konsum von Cannabis auf keinen Fall und wird von den Fahrerlaubnisbehörden auch in Zukunft mit Entzug der Fahrerlaubnis sanktioniert werden – wie dies in der Vergangenheit regelmäßig der Fall war. Es dürfte klar sein, dass man weder unter dem Einfluss von Alkohol als auch unter dem Einfluss von Cannabis nicht in der Lage sein wird, ein Kraftfahrzeug so sicher zu führen, wie dies im nüchternen Zustand der Fall ist.

Also, nach dem Joint Finger weg vom Steuer und mindestens zwölf Stunden warten, bevor man ein Kraftfahrzeug führt. Aber auch das Betätigen von Maschine während der Arbeit kann zu einem Problem werden. Ob die Berufsgenossenschaften im Fall eines Unfalls dann ein Rückgriffsrecht haben wird, bleibt abzuwarten.

Wie sich die Nutzung eines Fahrrades unter Cannabiseinfluss auswirken wird, wird die Rechtsprechung noch entscheiden.

Das Bundesgesundheitsministerium hat angekündigt, zukünftig einen Grenzwert für Cannabis oberhalb der 1ng-Grenze auf wissenschaftlicher Grundlage einzuführen, unterhalb dessen die Teilnahme am Straßenverkehr straffrei sein soll. Aber das ist Zukunftsmusik und (noch) nicht Gegenstand des gegenwärtigen Gesetzes. Bis dahin gilt: Wer mehr als 1ng THC im Blut hat, wird mit Sicherheit seine Fahrerlaubnis verlieren und nur per MPU wiedererlangen.

Bei Fragen und Problemen stehen wir Ihnen zur Verfügung.