Siegener Justiz und des Bürgers Vertrauen
Von Klaus J. StanekAllgemeines, Interessantes, Lesenswertes, Polizei, Strafrecht, Straßenverkehr1 KommentareGestern war eine Demonstration mit etwa 600 Teilnehmern vor dem Justizgebäude Siegen, um gegen den fragwürdigen Freispruch eines Richters gegen seinen Kollegen des Amtsgerichts Siegen ihre grundgesetzliche verbürgte Meinungsfreiheit kund zu tun. 600 vornehmlich ältere Personen konnten sich trotz Kälte aufraffen, öffentlich ihre Meinung zu sagen, welches Vertrauen sie in die Siegener Justiz noch haben. Nach Meinung der Teilnehmer ein eher eingeschränktes.
Ob RiAG Dr. Peter W. sich einen Gefallen getan hat, seinen Kollegen Uwe St. freizusprechen, mag ein jeder für sich selber entscheiden, aber einem Großteil der Siegener Bürger missfällt dies ebenso wie einem Teil der Polizeibeamten vor Ort, von denen zwei Beamte die Rotlichtfahrt des Richters nicht nur gesehen, sondern auch Anzeige erstattet haben. (Wir berichteten in diesem Blog.) Allerdings geht dieser Vorfall nicht ganz spurlos an den Richtern vorbei und wird auch innerhalb der Siegener Justiz diskutiert. Während sich dreizehn (!) andere Richter für befangen erklärt hatten, sah RiAG Dr. Peter W. keinerlei Probleme mit seiner Befangenheit. Das Ergebnis brachte andere Richter des Amtsgerichts zu der Aussage, Dr. W. habe der Siegener “keinen Gefallen” getan. Und das ist sehr milde ausgedrückt. Während in anderen Fällen “Selektivjustiz” betrieben wird, also gezielt Exempel statuiert während gleichartige Verfahren freimütig eingestellt werden, meinte der freigesprochene Richter Uwe St. in einem anderen Verfahren bei einem durch ihn abgelehnten Beweisantrag zu einem Verteidiger unserer Kanzlei recht ungehalten: “Wenn Ihnen das nicht passt, können Sie ja wieder einen Blogbeitrag dazu schreiben. Welche Ehre – das Gericht liest mit. Eine “gefällt-mir”-Notiz können wir jedoch von einem solchen Richter wohl weniger erwarten. Dafür reicht wohl die Selbstkritik nicht, denn bekanntlich ist zwischen einem Amtsrichter und dem lieben Gott maximal der blaue Himmel……
Aber es gibt eben Gleichere unter Gleichen…..
Sie haben Recht. Selbstkritik ist bei manchen Richtern Glücksache. Da werden von Vorgesetzten Dienstaufsichtsbeschwerden mit Standardtexten (bei deren Verfassen dann auch noch bei anderen abgeschrieben wird) beantwortet. Man will die Akten sichten, was grundsätzlich richtig ist. Jedoch ist dem ersten Schreiben bereits die Tendenz und der Ausgang zu entnehmen:
1) Für meine Richter gilt die richterliche Unabhängigkeit (inkl. Erklärung des Hintergrund des Begriffes) heißt übersetzt: Meine Richter dürfen alles, weil wir das dann einfach umdeuten.
2) Die Berufungsquote – die erste dienstliche Beurteilung – die Personalakte – die Karriere stehen in keinem Zusammenhang heißt übersetzt: Deine Befürchtung, meine Richterin wolle kurzen Prozess machen, kann also nicht stimmen. Und das alle Fristen so gesetzt werden, dass sie sich nicht in der Personalakte wiederfinden, bildest Du Dir nur ein. Auch, dass sie in der Verhandlung gesagt hat, sie habe für meinen Fall noch ca. vier Monate Zeit, hat nichts mit Ihrer Karriere zu tun und stimmt also nicht.
3) Ich habe mit meiner Mitarbeiterin gesprochen. Nun gehe ich davon aus, dass Du Dich getäuscht haben musst heißt übersetzt: Aber was die Mitarbeiterin genau gesagt hat, geht Dich nichts an. Meine Mitarbeiterin hat alles bestritten also musst Du Unrecht haben, weil die ja ganz sicher Rechtsbeugungen, Beleidigungen und fehlende Beweiswürdigung offen zugeben würde.
4) Dein “Erleben” vor Gericht bedauere ich heißt übersetzt: Du hast Wahrnehmungsstörungen.
5) Ich werde die Verfahrensakte einsehen heißt übersetzt: Wenn da kein Geständnis der Richterin enthalten ist, hast Du halt Pech gehabt.
6) Du kannst in Berufung gehen heißt übersetzt: Du darfst auf Deine Kosten die Fehler meiner Mitarbeiterin prüfen lassen. Zumindest darfst Du das Geld vorstrecken.
7) In der Berufung kann dann geklärt werden, ob der Anwalt alles und richtig vorgetragen hat heißt übersetzt: Wenn gar nix mehr geht, ist halt der Anwalt Schuld. Jeder, nur nicht wir.
8) Ich beantworte Fragen, die Du nicht gestellt hast heißt übersetzt: Guck mal, wie viel Mühe ich mir mit Dir gebe, wenn Du jetzt noch nachhakst, bist Du eine Querulantin.
9) Fragen, die mir genehm sind, beantworte ich seitenlang, Fragen, die Dir wichtig sind, ignoriere ich vollkommen heißt übersetzt: Du bist so dumm, dass ich Dir das zumuten kann. Und – gemäß dem, was Du vor Gericht bereits gehört hast – was relevant ist und was nicht, entscheide ich.
Sollte ich mich im Bezug auf den Ausgang der Dienstaufsichtsbeschwerde Unrecht haben, werde ich dies hier selbstverständlich mitteilen und richtigstellen. Allein, mir fehlt der Glaube.